Dienstag, 31. März 2015

Bloodline.

"Dein Bruder war tot und lebt wieder; er war verloren und ist wiedergefunden worden.“


Ich habe ein Herz für Geschichten über verlorene Söhne. Mag daran liegen, dass ich mich selbst gern in dieser Rolle sehe. Fern, schwierig, missraten. Danny ist eins dieser Subjekte, das seinen Eltern Kopfzerbrechen bereitet. Einer dieser Menschen, über die andere oft sagen: He fucked up. Darum dreht sich das Ganze dann irgendwie auch: Danny, fucking things up. Anlässlich einer tollen Festivität - seine Eltern kriegen irgendeine irrelevante Auszeichnung, wenn mich nicht alles trügt - ist der Taugenichts zurück in Florida. Seine Familie besteht aus angesehenen Individuen, wobei von Anfang an klar ist, dass hinter der schicken Fassade nichts Gutes lauert. Bloodline bemüht fleißig das in den letzten Jahren inflationär eingesetzte Stilmittel der Vorwegnahme, was anfangs auch gut gelingt. In Off-Monologen wird das Geschehen von Dannys Bruder John resümiert und es wird schon eingangs verraten, dass eine große Katastrophe eintritt und die Geschwister Danny um die Ecke bringen. Über die ersten paar Episoden zieht das noch, ab der Hälfte versäumt Bloodline es dann aber, Twists und dramaturgisch Effektvolles einzuflechten. Hinter dem Mysterium, das Bloodline aufmacht, steckt wie so häufig nichts. Originalität der Writer sucht man vergebens, die ist anscheinend gemeinsam mit Danny im malerischen Ozean abgesoffen. Dabei hat Bloodline mit dem unverbrauchten Setting und der gelungenen, atmosphärischen Inszenierung, seinen Kontrasten zwischen den blendend hellen Musikvideo-Landschaften Floridas und den häufigen, stilvoll umgesetzten Nacht-und-Dunkelheit-Abschnitten eigentlich einiges zu bieten. Wer die gesamte Staffel guckt, wird Zeuge, wie dem Ganzen die Puste ausgeht und bedauert das wegen der guten Ansätze auch ein wenig. Man wird das Gefühl nicht los, dass die Idee vielleicht einen 90-Minuten-Film trüge, nicht aber eine 13-Stunden-Serie. Am Ende der letzten Folge kramt man das obligatorische Ende mit Aussicht auf mehr hervor: Ein dummer, nervig aussehender Teenager watschelt an und entpuppt sich - Achtung - als verlorener Sohn. Eine alte Dame wird misstrauisch. Was ich aber noch loben möchte: Das Szenario fängt in seinen Bildern das zentrale Schein-und-Sein-Element des Familienkonflikts der Rayburns sehr gut ein. Menschen mit Fantasie und permanenter Unterbeschäftigung - that's me - können sich das alles ja auch ansehen und darüber fantasieren, wie man das besser hätte lösen können. Dafür lebt man ja eigentlich auch: observieren, wie es besser ginge. Und es dann für sich behalten.