KissBangLove (selten dämlicher Name, daher fortan nur noch
Die Show) ist, als würde man um 5 Uhr in einem Club rumstehen: Wildfremde Wesen
stecken ihre Münder ineinander und fassen sich eklig an, während schlechte
Musik läuft.
Okay, es gibt kleine Unterschiede. Die Teilnehmer sind
(vermutlich) nicht sturzbetrunken. Bevor sie die Chance bekommen, in ein Taxi
zu steigen und daheim noch abstoßendere Dinge zu tun, für die sie sich später –
hoffentlich – schämen, werden sie getrennt. Zwischendrin müssen sie sich Fragen
von Magermaus Annemarie Warnkros (sie heißt wohl heute anders) gefallen lassen.
Schmierige Hipster und preppy Münchener stehen da in Räumen mit komischen
Neonleuchten an der Wand, „kiss“ steht hier und da, ein Alptraum an
Inneneinrichtung. Im scheußlichen Warteraum gucken die scheußlichen Freundinnen
der Kussi-Girls und kommentieren. Erst sind da noch Augenbinden – das sieht
verrucht aus, Hausfrauen denken an seichte Groschenromane in ihrem Regal,
darauf setzt wohl Pro7 bei dieser faden Show, sie möge lasziv wirken –; nach
dem wildfremden Knutschen werden dann auch Gesichter ausgetauscht, die
Stofffetzen fallen dann nämlich und man darf – muss – sich angucken und,
nervig, auch noch sprechen. Ich frage mich, was Annemarie in der Zeit macht,
während sie nicht zu sehen ist. Ob jmd vom Sender sie zwangsernährt, damit sie
die Moderation übersteht. Ob eine Sendung über Feeder gut ankommen würde? Bei
einer Kandidatin gibt es einen besonderen Kniff: Sie kennt einen der
Kussi-Boys, hat ihn „beim Weggehen öfters mal gesehen“. Ich komme mir verarscht
vor, weil das in meinen Ohren klingt wie: schon öfters mal gefickt – was soll
der denn dann in der Sendung? Vielleicht findet er ja heraus, ob Annemarie nur Magersucht
hat oder auch Bulimie. Einer der Kandidaten trägt ein unangenehmes rotes
Karo-Hemd und einen dieser Hipster-Rockabilly-Wehrmachts-Whatever-Haarschnitte,
die jetzt jeder trägt. Er scheint der Kandidatin gut zu gefallen, weil sie ihn
nochmal küsst. Einem vorher hatte sie – Pia – noch gesagt, sie hätten keine
Zeit für so was. Lügen, im Fernseher – damit kann und möchte ich nicht leben.
Nachdem Pia eine Top5 ausgewählt hat, datet sie Typen in Amsterdam.
Man hatte wohl noch was Budget übrig – trotz der frechen Studio-Deko. Ihr erstes Date – der Typ, den sie vorher
schon „vom Weggehen“ kannte, sieht aus wie die Mongolen aus Marco Polo. „Gute Jungs
mag ich“, sagt Pia über ihn. Ach. Sabbelnd fahren die beiden Fahrrad und machen
Selfies im trostlosen Amsterdam, das man wahrscheinlich nur bekifft im Puff
ertragen kann. Nun geht es auf ein Hausboot – ich frage mich, ob Pro7 Gunter
Gabriel gleich dazu gekauft hat. In diesem tristen Kahn müssen die beiden eine
Nacht verbringen. Erstmal wird aber erst getrunken – und das am helllichten Tag.
So ist man wohl auch auf das Showkonzept gekommen. Philip behauptet, er hätte
sich bestimmt auch so bei ihr gemeldet, wenn es Die Show nicht gegeben hätte.
Als es Nacht wird, haben die Turteltauben eine Love-Cam dabei. Praktisch, falls
da mehr geht – obwohl ich irgendwie das Gefühl habe, dass es auf
Amateurpornoseiten schon ein Video von ihnen geben könnte. Bevor sie sich
schlafen legen, wird verantwortungsvoll Zähne geputzt. Am nächsten Morgen
frühstücken Phil und Pia im Bett – das Voiceover deutet Schlüpfriges an.
In meinen Augen sieht Pia ziemlich durchgebumst aus, während sie sich das
Brötchen reinstopft, es kann aber an der Neuro-Linguistischen Programmierung
des erwähnten Voiceovers liegen. Der gute Phil sieht ungerührt aus, wie immer.
Er ist so einer, der in einem hippen Laden arbeitet, hippe Hipster-Tattoos
trägt (irgendwas mit Ankern) und der seine Mongoloiden-Abstammung – Tippfehler,
Mongolen – als ein erotisches Ass sieht, mit dem er bei Frauen durch Exotik
punkten kann. Ob er es ernst mit Piachen meint? Man weiß es nicht, ich wünsche
beiden auf alle Fälle alles nur erdenklich Gute.
Pia trägt Mütze – muss das sein? Wo ist eigentlich
Annemarie? Ob sie inzwischen gegessen hat oder mal wieder nur auf der
Sonnenbank liegt? Mit dem anderen Typen – es gibt noch ein zweites Date – geht Pia
in ein Kran-Hotel. Eine flotte Location, aber für das erste Date direkt aufs
Hotelzimmer? Pia sieht ein bisschen aus wie die Jon-Snow-Ginger-Flamme von den
Wildlings, nur in hässlich, dröge und doof angezogen. „Jacuzzi“, freuen sich
die zwei, als sie einen Whirlpool erblicken. Woher wollt ihr das wissen, frage
ich mich. Schon wieder zwei Dummerchen, die Markennamen mit Produktkategorie
gleichsetzen. So viel Inkompetenz – vielleicht sollte man euch direkt da
lassen, ab auf den Straßenstrich von Amsterdam. Ihr Date-Partner ist mir nicht
geheuer, er trägt einen schlimmen, schlimmen Hut. Halbnackt hüpfen die hohlen
Nudeln in den Whirlpool. Der Typ hat Tattoos. Irgendwas mit seiner scheiß Oma.
Ich wette, jedes seiner Tattoos hat eine Geschichte. Im Whirlpool wird Pizza
gegessen und gesoffen – übertreib es nicht, Pia, du machst ja jetzt schon nix her. „Hätte er mich nicht geküsst, hätte ich mich doof gefühlt“, sagt sie. Was
für ein Satz – eine richtig dumme Nudel, die Jan da im Whirlpool hat. Mir wird
Phil zunehmend sympathischer, so in der Retrospektive. „Gekuschelt, nenn ichs
mal“, sagt Jan nach der Nacht. Pia, du Hure, hast du die romantische Zeit auf
dem Hausboot denn schon vergessen? Haben wir nicht schon emotionale Bande zu
deiner Story mit Phil geknüpft? Ich bin betroffen und enttäuscht.
Am Ende kreuzt Annemarie doch nochmal auf. Mir entgehen die
flotten Outfits von Phil nicht, er ist ein Modeopfer und arbeitet in so einem
Laden. Jan trägt einen sehr doofen Mantel zu seinem Trottelhut. Unsere Pia
nimmt am Ende doch Phil. Ich glaube, er hat Besseres verdient. Die Abmoderation
findet auf einer Brücke statt. Nach dem Abspann fühle ich mich leer. Annemarie,
bitte iss doch mal und lass den Asi-Toaster sein.