Sonntag, 21. Februar 2016

Kiss Bang Love: Küsse gegens Doof-Fühlen

KissBangLove (selten dämlicher Name, daher fortan nur noch Die Show) ist, als würde man um 5 Uhr in einem Club rumstehen: Wildfremde Wesen stecken ihre Münder ineinander und fassen sich eklig an, während schlechte Musik läuft.



Okay, es gibt kleine Unterschiede. Die Teilnehmer sind (vermutlich) nicht sturzbetrunken. Bevor sie die Chance bekommen, in ein Taxi zu steigen und daheim noch abstoßendere Dinge zu tun, für die sie sich später – hoffentlich – schämen, werden sie getrennt. Zwischendrin müssen sie sich Fragen von Magermaus Annemarie Warnkros (sie heißt wohl heute anders) gefallen lassen. Schmierige Hipster und preppy Münchener stehen da in Räumen mit komischen Neonleuchten an der Wand, „kiss“ steht hier und da, ein Alptraum an Inneneinrichtung. Im scheußlichen Warteraum gucken die scheußlichen Freundinnen der Kussi-Girls und kommentieren. Erst sind da noch Augenbinden – das sieht verrucht aus, Hausfrauen denken an seichte Groschenromane in ihrem Regal, darauf setzt wohl Pro7 bei dieser faden Show, sie möge lasziv wirken –; nach dem wildfremden Knutschen werden dann auch Gesichter ausgetauscht, die Stofffetzen fallen dann nämlich und man darf – muss – sich angucken und, nervig, auch noch sprechen. Ich frage mich, was Annemarie in der Zeit macht, während sie nicht zu sehen ist. Ob jmd vom Sender sie zwangsernährt, damit sie die Moderation übersteht. Ob eine Sendung über Feeder gut ankommen würde? Bei einer Kandidatin gibt es einen besonderen Kniff: Sie kennt einen der Kussi-Boys, hat ihn „beim Weggehen öfters mal gesehen“. Ich komme mir verarscht vor, weil das in meinen Ohren klingt wie: schon öfters mal gefickt – was soll der denn dann in der Sendung? Vielleicht findet er ja heraus, ob Annemarie nur Magersucht hat oder auch Bulimie. Einer der Kandidaten trägt ein unangenehmes rotes Karo-Hemd und einen dieser Hipster-Rockabilly-Wehrmachts-Whatever-Haarschnitte, die jetzt jeder trägt. Er scheint der Kandidatin gut zu gefallen, weil sie ihn nochmal küsst. Einem vorher hatte sie – Pia – noch gesagt, sie hätten keine Zeit für so was. Lügen, im Fernseher – damit kann und möchte ich nicht leben.
Nachdem Pia eine Top5 ausgewählt hat, datet sie Typen in Amsterdam. Man hatte wohl noch was Budget übrig – trotz der frechen Studio-Deko.  Ihr erstes Date – der Typ, den sie vorher schon „vom Weggehen“ kannte, sieht aus wie die Mongolen aus Marco Polo. „Gute Jungs mag ich“, sagt Pia über ihn. Ach. Sabbelnd fahren die beiden Fahrrad und machen Selfies im trostlosen Amsterdam, das man wahrscheinlich nur bekifft im Puff ertragen kann. Nun geht es auf ein Hausboot – ich frage mich, ob Pro7 Gunter Gabriel gleich dazu gekauft hat. In diesem tristen Kahn müssen die beiden eine Nacht verbringen. Erstmal wird aber erst getrunken – und das am helllichten Tag. So ist man wohl auch auf das Showkonzept gekommen. Philip behauptet, er hätte sich bestimmt auch so bei ihr gemeldet, wenn es Die Show nicht gegeben hätte. Als es Nacht wird, haben die Turteltauben eine Love-Cam dabei. Praktisch, falls da mehr geht – obwohl ich irgendwie das Gefühl habe, dass es auf Amateurpornoseiten schon ein Video von ihnen geben könnte. Bevor sie sich schlafen legen, wird verantwortungsvoll Zähne geputzt. Am nächsten Morgen frühstücken Phil und Pia im Bett – das Voiceover deutet Schlüpfriges an. In meinen Augen sieht Pia ziemlich durchgebumst aus, während sie sich das Brötchen reinstopft, es kann aber an der Neuro-Linguistischen Programmierung des erwähnten Voiceovers liegen. Der gute Phil sieht ungerührt aus, wie immer. Er ist so einer, der in einem hippen Laden arbeitet, hippe Hipster-Tattoos trägt (irgendwas mit Ankern) und der seine Mongoloiden-Abstammung – Tippfehler, Mongolen – als ein erotisches Ass sieht, mit dem er bei Frauen durch Exotik punkten kann. Ob er es ernst mit Piachen meint? Man weiß es nicht, ich wünsche beiden auf alle Fälle alles nur erdenklich Gute.



Pia trägt Mütze – muss das sein? Wo ist eigentlich Annemarie? Ob sie inzwischen gegessen hat oder mal wieder nur auf der Sonnenbank liegt? Mit dem anderen Typen – es gibt noch ein zweites Date – geht Pia in ein Kran-Hotel. Eine flotte Location, aber für das erste Date direkt aufs Hotelzimmer? Pia sieht ein bisschen aus wie die Jon-Snow-Ginger-Flamme von den Wildlings, nur in hässlich, dröge und doof angezogen. „Jacuzzi“, freuen sich die zwei, als sie einen Whirlpool erblicken. Woher wollt ihr das wissen, frage ich mich. Schon wieder zwei Dummerchen, die Markennamen mit Produktkategorie gleichsetzen. So viel Inkompetenz – vielleicht sollte man euch direkt da lassen, ab auf den Straßenstrich von Amsterdam. Ihr Date-Partner ist mir nicht geheuer, er trägt einen schlimmen, schlimmen Hut. Halbnackt hüpfen die hohlen Nudeln in den Whirlpool. Der Typ hat Tattoos. Irgendwas mit seiner scheiß Oma. Ich wette, jedes seiner Tattoos hat eine Geschichte. Im Whirlpool wird Pizza gegessen und gesoffen – übertreib es nicht, Pia, du machst ja jetzt schon nix her. „Hätte er mich nicht geküsst, hätte ich mich doof gefühlt“, sagt sie. Was für ein Satz – eine richtig dumme Nudel, die Jan da im Whirlpool hat. Mir wird Phil zunehmend sympathischer, so in der Retrospektive. „Gekuschelt, nenn ichs mal“, sagt Jan nach der Nacht. Pia, du Hure, hast du die romantische Zeit auf dem Hausboot denn schon vergessen? Haben wir nicht schon emotionale Bande zu deiner Story mit Phil geknüpft? Ich bin betroffen und enttäuscht.


Am Ende kreuzt Annemarie doch nochmal auf. Mir entgehen die flotten Outfits von Phil nicht, er ist ein Modeopfer und arbeitet in so einem Laden. Jan trägt einen sehr doofen Mantel zu seinem Trottelhut. Unsere Pia nimmt am Ende doch Phil. Ich glaube, er hat Besseres verdient. Die Abmoderation findet auf einer Brücke statt. Nach dem Abspann fühle ich mich leer. Annemarie, bitte iss doch mal und lass den Asi-Toaster sein.