Warschauer Ghetto, Nena, Haribo – Deutschland hat in der
Vergangenheit sehr, sehr schlimme Dinge hervorgebracht. Das neue große Ding in Sachen
Horror made in Germany sind die Yottas – Bastian und seine Frau, deren Namen
ich mir nicht merken konnte, ganz im Sinne des Yotta-Lifes: Frauen sind weniger
denkwürdig . Bastians Frau ist übrigens gar nicht seine Frau, wie er später
erklärt, er nennt sie nur wife, weil die Menschheit seiner Meinung nach auf den
Girlfriend-Status scheißt; warum er sie nicht einfach in echt heiratet, bleibt
offen. Er: ein nicht allzu trainierter Bayer mit fiesem Lächeln und perfektem
Denglisch. Ein Kerl, wie man ihn sich problemlos als Kaffeefahrten-Organisator,
ewigen BWL-Studenten, Camgirl-Webseiten-Unternehmer oder Bewerber beim Bachelor vorstellen kann. Sie: irgendeine durchgenudelte Blondine, Typ "Ich-gehe-ins-Gym-und-sage-Gym-statt-Fitnessstudio", Wespentaille, trainiert,
Bronzeteint, riesige, runde Fake-Titten.
Ich kann nicht in Worte fassen, wie
lächerlich solche „Menschen“ für mich aussehen. Damit zähle ich wohl zu den
Gründen, aus denen Bastian und seine Fickmaus ohne Namen Deutschland den Rücken
gekehrt haben. In einer Gaststätte im fernen Bavaria, erzählt Auswanderer
Basti, habe man am Nebentisch lautstark über die Brüste seiner holden Braut mit
dem Sonnenbankflavour hergezogen. Das passe ja gar nicht. Angesichts der
bayrischen Borniertheit machten es die beiden wie Linke im Dritten Reich und
sagten: Goodbye, Deutschland. In L.A., wo sie jetzt leben, würden die Menschen
nicht mit Neid, sondern Nettigkeit reagieren, wenn man schön und erfolgreich
ist, schwärmt Bastian. Als es im Verlauf der Folge irgendwann um die wilden
Partys der Yottas geht und darum, dass Nachbarn schon oft die Bullen gerufen
haben, gibt ihm ein Ami einen Einblick in die US-Seele – people are
just nice to your face. Macht aber nichts, die Yottas bestehen auch nicht aus
vielmehr als aus face – und Arsch und Faketitten.
Die „Handlung“ der Sendung
ist schnell erzählt: Bastian und seine Barbiedoll kennen bisher nur L.A. –
jetzt wollen sie den Rest von den netten USA sehen – und Pro7 kommt mit. Und
Debbie, ihres Zeichens Vorkosterin und Mädchen für alles. Alles? Nein, Bastian
und Betthäschen sind doch in einer „closed relationship“, wie der Mann mit den
vielen Mantras sagt. Neben Debbie ist da noch Ashley, Köchin, ein Hund und ein
Fahrer. Mit Hund und Fahrer redet Bastian noch, mit den weiblichen Dienern aber
aus Prinzip nicht. Dafür findet er sich nicht sensibel genug, deswegen macht
das seine Frau – ah. Ich spüre sehr schnell, hier kann ich was lernen. Wie man
sich Schlampen gefügig macht – und es ist billiger als jede Bushido-CD. „Take
care of that“, sagt er an einer Stelle Debbie (er bricht seine Regeln öfter).
Und: „Open the garage!“, zu seiner Frau, als er im Ferrari sitzt und so viel
Gas gibt, dass Planen in der Garage umherfliegen. Bastian ist das, was
Nietzsche immer sein wollte – und ich halte es auch für gut möglich, dass er
genau wie der Philosoph eines Tages an den Folgen der Syphilis krepieren wird.
Für den Roadtrip, der ähnlich dumm wie der Film „Roadtrip“ zu werden droht,
braucht Mr. Yotta aus irgendeinem Grund einen Thron. In das riesige
Wohnmobil-meets-Tourbus-Thingy passt der lumpige Sessel aus einem mir
unerfindlichen Grund nicht hinein, daher wird extra ein Anhänger an das
sperrige Monstrum geklatscht. Es gibt ja sonst nichts zu tun. Während Mama und
Papa Yotta – nein, Moment, nur ein Idiot würde die Frau zuerst nennen, ich habe
Bastians Lehren noch nicht ganz verinnerlicht – während Papa und Mama Yotta mit
ihrer deutschen Protzpest die USA vergiften, bleiben die „Yotta Girls“ daheim.
Man kann nur erahnen, wozu diese Damen mittleren Alters – wenn man mittleres Alter als 20 bis 25 definiert – da sind. AUF GAR KEINEN FALL kann es irgendwas
mit Zigaretten, Drogen, Alkohol und Boys zu tun haben – all das ist den
fabulösen Dauerhausgästen nämlich in Abwesenheit der Hausherren strengstens
untersagt. Verständlich. Bastian will halt einfach der einzige Mann sein, der
nicht mit ihnen redet. Nachdem den renitenten Weibern klare Verhaltensregeln
eingehämmert worden sind, kann der Trip losgehen. Es geht landeinwärts, von
L.A. in Richtung Las Vegas. Als die Yottas an einem See einen Stopp einlegen,
wundert sich daher selbst ein Geografie-Doofie wie ich über Mrs. Yottas Frage: „Ist
das ein Meer?“ Die dumme Frau, von der wir nicht wissen, was sie macht – außer Fitness;
in einem Interview erzählt Bastian mal, dass sie für ihn anfangs im
Schlafzimmer getanzt hat und er sie beim Anblick ihres Arschs bat, das Licht
auszumachen, denn „it looks so ugly“; das war ihr Start ins fitte Yotta-Life –
existiert vornehmlich als Stichwortgeberin für ihren Kerl. Los geht’s mit einem
total klugen Monolog darüber, dass sie am zweitiefsten Punkt von Amerika sind,
während gleichzeitig das Höchste in Sachen Menschwerdung dort steht – er meint
sich. Und sie, tut zumindest so.
Mir kommt Bastian nicht besonders klug vor,
niemand ist klug, der die aufgesetzte amerikanische Freundlichkeit nicht
durchschaut. Wahrscheinlich ist es einfach so, wie ich schon immer vermute:
Wenn man sich für nichts zu schade ist, wird am Ende vielleicht was aus einem.
Finanziell. Oder auch nicht. Laut Pro7-Voiceover hat Bastian einen Teil des
Vermögens einem „Programm so ähnlich wie Siri“ zu verdanken. Ach, okay.
Vielleicht hat er ein Navi entwickelt mit Denglisch-Yotta-Stimme, die neben
Richtungsangaben seine besten Sprüche raushaut. „Make a u-turn when it’s safe.
Make your life a weekend! In 200 yards, turn left. I’m the money magnet!“ Wenn
ich Bastian zuhöre, denke ich manchmal, das ist ein Scooter-Text ohne die
monotone, schlechte Musik. „Open the garage!“ – wie gemacht als Songtitel für
Hans Peter und seine Technomannen. Dazwischen Shoutouts: „I love that. This is
cool. Yooooooottttttaaaaaaa!“ In den Yottas geht alles schlechte am Deutschen
eine unheilvolle Symbiose ein: Ballermann 6 trifft Alpenrausch meets
Blitzkrieg. Helmut Kohl, der in gebrochenem Englisch Ladyboys kauft. Vernichtungskrieg,
Größenwahn, zu weiße Zähne, Weißwurst im Porsche essen. Eine urdeutsche Zucht, das
Ergebnis eines Oktoberfest-Kotzhügel-Quickies. Und wenn man sich so ansieht,
wie sie auf amerikanischen Highways Arsch-Selfies für Instagram schießen, kommt
sie wieder hoch, die alte Angst vor dem Zerstörerischen im und am Deutschen.
Vorm Totalen Krieg gegen alles und jeden. Vor allem gegen den klaren Verstand. Macht
Pro7 etwa ein Geschäft, ein Geschäft mit unserer Angst?
Gegen Ende der Folge betreten Bastian und seine Leibeigene
einen Prepper-Shop – da gibt’s alles für Leute, die Interesse an einem
emergency shelter haben, falls mal nukleare Bomben und so was fallen. In einem
Regal entdeckt Bastian eine portable toilet. „Look at that“, stößt er hervor –
er ist so einer, der noch als Rentner mit dem Finger auf Dinge – und Menschen,
ich glaube, er macht da keinen Unterschied – zeigen wird. Dann kommt er mit dem
Store-Besitzer ins Gespräch, auf seine ganz subtile, wenig polterhafte Art: „What
is this here?“ Ein bärtiger Typ mit tätowiertem Biohazard-Zeichen erklärt dem
ahnungslosen Deutschen, wie amerikanische Massenhysterie funktioniert. Da wird
der Einwanderer auf einmal richtig nachdenklich, man möchte fast sagen:
kritisch. „Business mit der Angst“, philosophiert er , umgeben von Survival-Ausrüstung
und Paranoia. Ich habe das Gefühl, Pro7 macht dasselbe: Business mit der Angst.
Angst davor, dass Deutschland nach dem Zweiten Weltkrieg nun die nächste
Abscheulichkeit auf die Menschheit entfesselt hat. Wie gern würde ich diese
Angst als reinen Humbug abtun. Wie heißt es noch in diesem Gedicht? „Der Tod
ist ein Meister aus Deutschland“
Fazit: pures Trashgold, die besten Deutschen seit Uwe Boll.