Freitag, 18. November 2016

SOMA: 20.000 Monster unter dem Meer

»Dein Körper kann ohne Geist nicht leben«, belehrt Morpheus den Hacker Neo im ersten »Matrix«-Film. Doch wie sieht es umgekehrt aus? Kann ein menschlicher Geist ohne den physischen Leib existieren? Hält die Seele es aus, ohne die vertraute Hülle aus Fleisch zu überdauern, oder zerbricht sie daran? Das ist eine der Kernfragen, der das Sci-Fi-Horror-Adventure SOMA in seiner gut zehn Stunden langen Kampagne auf den Grund geht. Oder besser gesagt auf den Meeresgrund.
Wir schreiben das Jahr 2103. Aus den ratlosen Augen von Simon blicken wir uns in der Unterwasser-Forschungsstation PATHOS-2 um. Ohne zu wissen, warum Simon in diesem Jules-Verne-Alptraum erwacht ist, durchstreifen wir die düsteren, menschenleeren Gänge des Komplexes. Karmesinrotes Zwielicht kriecht über obsolete Maschinerie, pechschwarze, mit Tentakeln besetzte Geschwüre überziehen die Wände wie bösartige Tumore, die Körper von längst Toten verschmelzen mit der seltsamen Fauna.


Die beklemmende Atmosphäre, die irgendwo zwischen erstem Bioshock und dem Black-Mesa-Komplex aus Half-Life angesiedelt ist, zieht uns vom ersten Moment in ihren dunklen Bann. Und hält uns vor Augen, dass hier etwas Grauenvolles passiert sein muss. Es dauert nicht lang, bis der einsame Simon doch noch auf ein vermeintlich menschliches Wesen trifft. Zunächst kommunizieren Simon und Catherine nur über Funk miteinander. Das erste echte Zusammentreffen birgt gleich auf mehreren Ebenen Grund zur Sorge. Simon erfährt, was in PATHOS-2 geschehen ist und versucht im Folgenden, Catherine zu helfen. Und der Menschheit ...

Mehr auf hier und so:


Mittwoch, 22. Juni 2016

Die Yottas: German Angst - I love that!

Warschauer Ghetto, Nena, Haribo – Deutschland hat in der Vergangenheit sehr, sehr schlimme Dinge hervorgebracht. Das neue große Ding in Sachen Horror made in Germany sind die Yottas – Bastian und seine Frau, deren Namen ich mir nicht merken konnte, ganz im Sinne des Yotta-Lifes: Frauen sind weniger denkwürdig . Bastians Frau ist übrigens gar nicht seine Frau, wie er später erklärt, er nennt sie nur wife, weil die Menschheit seiner Meinung nach auf den Girlfriend-Status scheißt; warum er sie nicht einfach in echt heiratet, bleibt offen. Er: ein nicht allzu trainierter Bayer mit fiesem Lächeln und perfektem Denglisch. Ein Kerl, wie man ihn sich problemlos als Kaffeefahrten-Organisator, ewigen BWL-Studenten, Camgirl-Webseiten-Unternehmer oder Bewerber beim Bachelor vorstellen kann. Sie: irgendeine durchgenudelte Blondine, Typ "Ich-gehe-ins-Gym-und-sage-Gym-statt-Fitnessstudio", Wespentaille, trainiert, Bronzeteint, riesige, runde Fake-Titten.


Ich kann nicht in Worte fassen, wie lächerlich solche „Menschen“ für mich aussehen. Damit zähle ich wohl zu den Gründen, aus denen Bastian und seine Fickmaus ohne Namen Deutschland den Rücken gekehrt haben. In einer Gaststätte im fernen Bavaria, erzählt Auswanderer Basti, habe man am Nebentisch lautstark über die Brüste seiner holden Braut mit dem Sonnenbankflavour hergezogen. Das passe ja gar nicht. Angesichts der bayrischen Borniertheit machten es die beiden wie Linke im Dritten Reich und sagten: Goodbye, Deutschland. In L.A., wo sie jetzt leben, würden die Menschen nicht mit Neid, sondern Nettigkeit reagieren, wenn man schön und erfolgreich ist, schwärmt Bastian. Als es im Verlauf der Folge irgendwann um die wilden Partys der Yottas geht und darum, dass Nachbarn schon oft die Bullen gerufen haben, gibt ihm ein Ami einen Einblick in die US-Seele – people are just nice to your face. Macht aber nichts, die Yottas bestehen auch nicht aus vielmehr als aus face – und Arsch und Faketitten.


Die „Handlung“ der Sendung ist schnell erzählt: Bastian und seine Barbiedoll kennen bisher nur L.A. – jetzt wollen sie den Rest von den netten USA sehen – und Pro7 kommt mit. Und Debbie, ihres Zeichens Vorkosterin und Mädchen für alles. Alles? Nein, Bastian und Betthäschen sind doch in einer „closed relationship“, wie der Mann mit den vielen Mantras sagt. Neben Debbie ist da noch Ashley, Köchin, ein Hund und ein Fahrer. Mit Hund und Fahrer redet Bastian noch, mit den weiblichen Dienern aber aus Prinzip nicht. Dafür findet er sich nicht sensibel genug, deswegen macht das seine Frau – ah. Ich spüre sehr schnell, hier kann ich was lernen. Wie man sich Schlampen gefügig macht – und es ist billiger als jede Bushido-CD. „Take care of that“, sagt er an einer Stelle Debbie (er bricht seine Regeln öfter). Und: „Open the garage!“, zu seiner Frau, als er im Ferrari sitzt und so viel Gas gibt, dass Planen in der Garage umherfliegen. Bastian ist das, was Nietzsche immer sein wollte – und ich halte es auch für gut möglich, dass er genau wie der Philosoph eines Tages an den Folgen der Syphilis krepieren wird. 


Für den Roadtrip, der ähnlich dumm wie der Film „Roadtrip“ zu werden droht, braucht Mr. Yotta aus irgendeinem Grund einen Thron. In das riesige Wohnmobil-meets-Tourbus-Thingy passt der lumpige Sessel aus einem mir unerfindlichen Grund nicht hinein, daher wird extra ein Anhänger an das sperrige Monstrum geklatscht. Es gibt ja sonst nichts zu tun. Während Mama und Papa Yotta – nein, Moment, nur ein Idiot würde die Frau zuerst nennen, ich habe Bastians Lehren noch nicht ganz verinnerlicht – während Papa und Mama Yotta mit ihrer deutschen Protzpest die USA vergiften, bleiben die „Yotta Girls“ daheim. Man kann nur erahnen, wozu diese Damen mittleren Alters – wenn man mittleres Alter als 20 bis 25 definiert – da sind. AUF GAR KEINEN FALL kann es irgendwas mit Zigaretten, Drogen, Alkohol und Boys zu tun haben – all das ist den fabulösen Dauerhausgästen nämlich in Abwesenheit der Hausherren strengstens untersagt. Verständlich. Bastian will halt einfach der einzige Mann sein, der nicht mit ihnen redet. Nachdem den renitenten Weibern klare Verhaltensregeln eingehämmert worden sind, kann der Trip losgehen. Es geht landeinwärts, von L.A. in Richtung Las Vegas. Als die Yottas an einem See einen Stopp einlegen, wundert sich daher selbst ein Geografie-Doofie wie ich über Mrs. Yottas Frage: „Ist das ein Meer?“ Die dumme Frau, von der wir nicht wissen, was sie macht – außer Fitness; in einem Interview erzählt Bastian mal, dass sie für ihn anfangs im Schlafzimmer getanzt hat und er sie beim Anblick ihres Arschs bat, das Licht auszumachen, denn „it looks so ugly“; das war ihr Start ins fitte Yotta-Life – existiert vornehmlich als Stichwortgeberin für ihren Kerl. Los geht’s mit einem total klugen Monolog darüber, dass sie am zweitiefsten Punkt von Amerika sind, während gleichzeitig das Höchste in Sachen Menschwerdung dort steht – er meint sich. Und sie, tut zumindest so.


Mir kommt Bastian nicht besonders klug vor, niemand ist klug, der die aufgesetzte amerikanische Freundlichkeit nicht durchschaut. Wahrscheinlich ist es einfach so, wie ich schon immer vermute: Wenn man sich für nichts zu schade ist, wird am Ende vielleicht was aus einem. Finanziell. Oder auch nicht. Laut Pro7-Voiceover hat Bastian einen Teil des Vermögens einem „Programm so ähnlich wie Siri“ zu verdanken. Ach, okay. Vielleicht hat er ein Navi entwickelt mit Denglisch-Yotta-Stimme, die neben Richtungsangaben seine besten Sprüche raushaut. „Make a u-turn when it’s safe. Make your life a weekend! In 200 yards, turn left. I’m the money magnet!“ Wenn ich Bastian zuhöre, denke ich manchmal, das ist ein Scooter-Text ohne die monotone, schlechte Musik. „Open the garage!“ – wie gemacht als Songtitel für Hans Peter und seine Technomannen. Dazwischen Shoutouts: „I love that. This is cool. Yooooooottttttaaaaaaa!“ In den Yottas geht alles schlechte am Deutschen eine unheilvolle Symbiose ein: Ballermann 6 trifft Alpenrausch meets Blitzkrieg. Helmut Kohl, der in gebrochenem Englisch Ladyboys kauft. Vernichtungskrieg, Größenwahn, zu weiße Zähne, Weißwurst im Porsche essen. Eine urdeutsche Zucht, das Ergebnis eines Oktoberfest-Kotzhügel-Quickies. Und wenn man sich so ansieht, wie sie auf amerikanischen Highways Arsch-Selfies für Instagram schießen, kommt sie wieder hoch, die alte Angst vor dem Zerstörerischen im und am Deutschen. Vorm Totalen Krieg gegen alles und jeden. Vor allem gegen den klaren Verstand. Macht Pro7 etwa ein Geschäft, ein Geschäft mit unserer Angst?

Gegen Ende der Folge betreten Bastian und seine Leibeigene einen Prepper-Shop – da gibt’s alles für Leute, die Interesse an einem emergency shelter haben, falls mal nukleare Bomben und so was fallen. In einem Regal entdeckt Bastian eine portable toilet. „Look at that“, stößt er hervor – er ist so einer, der noch als Rentner mit dem Finger auf Dinge – und Menschen, ich glaube, er macht da keinen Unterschied – zeigen wird. Dann kommt er mit dem Store-Besitzer ins Gespräch, auf seine ganz subtile, wenig polterhafte Art: „What is this here?“ Ein bärtiger Typ mit tätowiertem Biohazard-Zeichen erklärt dem ahnungslosen Deutschen, wie amerikanische Massenhysterie funktioniert. Da wird der Einwanderer auf einmal richtig nachdenklich, man möchte fast sagen: kritisch. „Business mit der Angst“, philosophiert er , umgeben von Survival-Ausrüstung und Paranoia. Ich habe das Gefühl, Pro7 macht dasselbe: Business mit der Angst. Angst davor, dass Deutschland nach dem Zweiten Weltkrieg nun die nächste Abscheulichkeit auf die Menschheit entfesselt hat. Wie gern würde ich diese Angst als reinen Humbug abtun. Wie heißt es noch in diesem Gedicht? „Der Tod ist ein Meister aus Deutschland“

Fazit: pures Trashgold, die besten Deutschen seit Uwe Boll.


Sonntag, 21. Februar 2016

Kiss Bang Love: Küsse gegens Doof-Fühlen

KissBangLove (selten dämlicher Name, daher fortan nur noch Die Show) ist, als würde man um 5 Uhr in einem Club rumstehen: Wildfremde Wesen stecken ihre Münder ineinander und fassen sich eklig an, während schlechte Musik läuft.



Okay, es gibt kleine Unterschiede. Die Teilnehmer sind (vermutlich) nicht sturzbetrunken. Bevor sie die Chance bekommen, in ein Taxi zu steigen und daheim noch abstoßendere Dinge zu tun, für die sie sich später – hoffentlich – schämen, werden sie getrennt. Zwischendrin müssen sie sich Fragen von Magermaus Annemarie Warnkros (sie heißt wohl heute anders) gefallen lassen. Schmierige Hipster und preppy Münchener stehen da in Räumen mit komischen Neonleuchten an der Wand, „kiss“ steht hier und da, ein Alptraum an Inneneinrichtung. Im scheußlichen Warteraum gucken die scheußlichen Freundinnen der Kussi-Girls und kommentieren. Erst sind da noch Augenbinden – das sieht verrucht aus, Hausfrauen denken an seichte Groschenromane in ihrem Regal, darauf setzt wohl Pro7 bei dieser faden Show, sie möge lasziv wirken –; nach dem wildfremden Knutschen werden dann auch Gesichter ausgetauscht, die Stofffetzen fallen dann nämlich und man darf – muss – sich angucken und, nervig, auch noch sprechen. Ich frage mich, was Annemarie in der Zeit macht, während sie nicht zu sehen ist. Ob jmd vom Sender sie zwangsernährt, damit sie die Moderation übersteht. Ob eine Sendung über Feeder gut ankommen würde? Bei einer Kandidatin gibt es einen besonderen Kniff: Sie kennt einen der Kussi-Boys, hat ihn „beim Weggehen öfters mal gesehen“. Ich komme mir verarscht vor, weil das in meinen Ohren klingt wie: schon öfters mal gefickt – was soll der denn dann in der Sendung? Vielleicht findet er ja heraus, ob Annemarie nur Magersucht hat oder auch Bulimie. Einer der Kandidaten trägt ein unangenehmes rotes Karo-Hemd und einen dieser Hipster-Rockabilly-Wehrmachts-Whatever-Haarschnitte, die jetzt jeder trägt. Er scheint der Kandidatin gut zu gefallen, weil sie ihn nochmal küsst. Einem vorher hatte sie – Pia – noch gesagt, sie hätten keine Zeit für so was. Lügen, im Fernseher – damit kann und möchte ich nicht leben.
Nachdem Pia eine Top5 ausgewählt hat, datet sie Typen in Amsterdam. Man hatte wohl noch was Budget übrig – trotz der frechen Studio-Deko.  Ihr erstes Date – der Typ, den sie vorher schon „vom Weggehen“ kannte, sieht aus wie die Mongolen aus Marco Polo. „Gute Jungs mag ich“, sagt Pia über ihn. Ach. Sabbelnd fahren die beiden Fahrrad und machen Selfies im trostlosen Amsterdam, das man wahrscheinlich nur bekifft im Puff ertragen kann. Nun geht es auf ein Hausboot – ich frage mich, ob Pro7 Gunter Gabriel gleich dazu gekauft hat. In diesem tristen Kahn müssen die beiden eine Nacht verbringen. Erstmal wird aber erst getrunken – und das am helllichten Tag. So ist man wohl auch auf das Showkonzept gekommen. Philip behauptet, er hätte sich bestimmt auch so bei ihr gemeldet, wenn es Die Show nicht gegeben hätte. Als es Nacht wird, haben die Turteltauben eine Love-Cam dabei. Praktisch, falls da mehr geht – obwohl ich irgendwie das Gefühl habe, dass es auf Amateurpornoseiten schon ein Video von ihnen geben könnte. Bevor sie sich schlafen legen, wird verantwortungsvoll Zähne geputzt. Am nächsten Morgen frühstücken Phil und Pia im Bett – das Voiceover deutet Schlüpfriges an. In meinen Augen sieht Pia ziemlich durchgebumst aus, während sie sich das Brötchen reinstopft, es kann aber an der Neuro-Linguistischen Programmierung des erwähnten Voiceovers liegen. Der gute Phil sieht ungerührt aus, wie immer. Er ist so einer, der in einem hippen Laden arbeitet, hippe Hipster-Tattoos trägt (irgendwas mit Ankern) und der seine Mongoloiden-Abstammung – Tippfehler, Mongolen – als ein erotisches Ass sieht, mit dem er bei Frauen durch Exotik punkten kann. Ob er es ernst mit Piachen meint? Man weiß es nicht, ich wünsche beiden auf alle Fälle alles nur erdenklich Gute.



Pia trägt Mütze – muss das sein? Wo ist eigentlich Annemarie? Ob sie inzwischen gegessen hat oder mal wieder nur auf der Sonnenbank liegt? Mit dem anderen Typen – es gibt noch ein zweites Date – geht Pia in ein Kran-Hotel. Eine flotte Location, aber für das erste Date direkt aufs Hotelzimmer? Pia sieht ein bisschen aus wie die Jon-Snow-Ginger-Flamme von den Wildlings, nur in hässlich, dröge und doof angezogen. „Jacuzzi“, freuen sich die zwei, als sie einen Whirlpool erblicken. Woher wollt ihr das wissen, frage ich mich. Schon wieder zwei Dummerchen, die Markennamen mit Produktkategorie gleichsetzen. So viel Inkompetenz – vielleicht sollte man euch direkt da lassen, ab auf den Straßenstrich von Amsterdam. Ihr Date-Partner ist mir nicht geheuer, er trägt einen schlimmen, schlimmen Hut. Halbnackt hüpfen die hohlen Nudeln in den Whirlpool. Der Typ hat Tattoos. Irgendwas mit seiner scheiß Oma. Ich wette, jedes seiner Tattoos hat eine Geschichte. Im Whirlpool wird Pizza gegessen und gesoffen – übertreib es nicht, Pia, du machst ja jetzt schon nix her. „Hätte er mich nicht geküsst, hätte ich mich doof gefühlt“, sagt sie. Was für ein Satz – eine richtig dumme Nudel, die Jan da im Whirlpool hat. Mir wird Phil zunehmend sympathischer, so in der Retrospektive. „Gekuschelt, nenn ichs mal“, sagt Jan nach der Nacht. Pia, du Hure, hast du die romantische Zeit auf dem Hausboot denn schon vergessen? Haben wir nicht schon emotionale Bande zu deiner Story mit Phil geknüpft? Ich bin betroffen und enttäuscht.


Am Ende kreuzt Annemarie doch nochmal auf. Mir entgehen die flotten Outfits von Phil nicht, er ist ein Modeopfer und arbeitet in so einem Laden. Jan trägt einen sehr doofen Mantel zu seinem Trottelhut. Unsere Pia nimmt am Ende doch Phil. Ich glaube, er hat Besseres verdient. Die Abmoderation findet auf einer Brücke statt. Nach dem Abspann fühle ich mich leer. Annemarie, bitte iss doch mal und lass den Asi-Toaster sein.